Am Donnerstag, dem 02.02.2017, und am Freitag, dem 03.02.2017, führte der DS-Kurs des 12. Jahrgangs das Stück „Die Troerinnen des Euripides“ von Jean-Paul Sartre unter der Leitung von Odila Kramer und musikalisch begleitet von Peter Elster im Forum des Gymnasiums Bleckede auf. Frau Brigitte Stamm, eine Germanistin aus Lüneburg, schrieb dazu die folgende Rezension.
„Wir befinden uns am Ende eines Krieges, eines brutalen Krieges. Es ist das Ende vom Glück, das Ende der Freude, das Ende des Lebensmutes“ lese ich in dem Flyer, der am Donnerstagabend auf jedem Stuhl im Forum des Gymnasiums Bleckede liegt. Das haben Pia und Sophia so formuliert. „Les Troyennes – Die Troerinnen“ von Jean Paul Sartre steht auf dem Programm. Behütete Gymnasiasten im eher beschaulichen Bleckede können die den so vielfach bearbeiteten mythischen Stoff vom Ende Trojas, von dem Schicksal der Übriggebliebenen dieses Krieges für sich erlebbar machen, können sie ihn für die Zuschauer zum eignen Erleben erwecken?
dila Kramer, die regieführende Lehrerin, gibt vorweg Orientierungshilfe, notwendig auch für vermeintlich Eingeweihte. Sie zeigt Spannungsbögen auf zwischen den besiegten Troerinnen und den griechischen Siegern, zwischen den höheren Mächten und den Menschen, weist darauf hin, wie sich die Darsteller schon in der Erarbeitung eingebracht haben. Da tritt z.B. Hektor auf – bei Sartre nicht, denn er ist ja schon tot, wie wir „Kenner“ wissen. Blutverschmiert steht er da, steht er im Wege zwischen den Trümmern der Stadt – hier nur schwarze Würfel -, sagt wenig, aber Wesentliches – erstaunlich stimmig der Text vom Darsteller Jonathan J. selbst verfasst.
Und schon bin ich mitten im Erleben. Meisterhaft artikuliert ist der Prolog des Poseidon (Annika Z.). Die Troerinnen bilden eine homogene Gruppe, ständig in Bewegung und doch leuchten Einzelcharaktere hervor. Die wunderbar zarte Hekuba (Moira B.), trägt als Anführerin Verantwortung für die Verzweifelten – als einzige in Schwarz. Andromache, Hektors Witwe (Emilia E.), verliert sich bei aller mütterlichen Fürsorge für ihr Baby nicht in Larmoyanz, bleibt stolze, aufrechte Frau. Und Kassandra (Stephanie T.) im Trancezustand der Verzweiflung meidet jede Überzeichnung.
Gefühlswogen, Schwankungen werden durch eine Tänzerin verdeutlicht (Anny G.). Die Troerinnen schwanken zwischen Abscheu vor den griechischen Eroberern – dargestellt durch einen Boten (Ole G.) – und der Anziehung, die diese Männer auf sie ausüben in ihrer Sehnsucht nach Leben. Es schwankt auch Menelaos (Fiete K.), da er nicht weiß, wie er mit Helena, der treulosen Gattin (Berenike S.), umgehen soll. Es ist dies die einzige Stelle, die mir etwas flach erscheint – geht es hier wirklich nur um einen Schönheitswettbewerb?
Die Troerinnen, sie sind hier die Opfer, zugleich aber auch Überlebende der Katastrophe. Poseidon, Vertreter der Urmächte ordnet am Ende, kurz unterbrochen von der Göttin der Vernunft (Tessa G.), alles wieder ein.
Und die Regisseurin Odila Kramer führt uns in die heutige irdische Gegenwart zurück, gibt uns noch mit auf den Weg, dass wir doch die „göttlichen“ Ansprüche in uns selbst zur Wirkung bringen sollten. Und ich – die Zuschauerin – weiß nun: Sie können das! Die behüteten Gymnasiasten haben in Bleckede den mythischen Stoff zum Leben erweckt, für mich zum aktuellen Erleben.